Unternehmen Wunderland

Quelle: Wikipedia

 

 

 

Unbekannten Gefilden entgegen...

 

 

Nach dem deutschen Angriff auf die UdSSR bestand seitens der Seekriegsleitung das Interesse an einer Operation gegen den nordsibirischen Schiffsverkehr.

So erhielt das Gruppenkommando Nord im Mai 1942 von der Seekriegsleitung den Auftrag, einen Bericht über die Möglichkeiten von Operationen deutscher Schwerer Kreuzer in den nordsibirischen Gewässern anzufertigen.

Der für diesen Bereich zuständige „Admiral Nordmeer“, Admiral Schmundt (10.41 – 31.08.42), äußerte gegen solche Vorhaben sofort Bedenken an: Bis auf wenige unzulängliche Berichte von Fischdampfern aus der Friedenszeit, wenigen U-Boot-Unterlagen und gehaltvollen, aber völlig unzureichenden Erfahrungsberichten des Hilfskreuzers KORMORAN konnte man sich bei solchen Unternehmungen weder auf zuverlässiges Kartenmaterial, noch auf genaue Wetter- und Packeismeldungen stützen.

Das Gruppenkommando Nord beurteilte die Operationsmöglichkeiten in ihrem Bericht an die Seekriegsleitung dagegen wesentlich günstiger:

  • Im Süden der Karasee sei der Seehafen Amderma entstanden, der im Falle der Zerstörung des Hafens von Murmansk und der Störung der Schifffahrt an der Küste der Karasee für die Entladung alliierter Geleitzüge bedeutsam werden könne. Da mit feindlichen Seestreitkräften in diesem Gebiet nicht gerechnet werde, stelle Amderma ein lohnendes Angriffsziel für Kreuzer dar.
  • Ein Aufbau eines eigenen Eiswarn- und Wetterdienstes mit U-Booten und Sonderfischdampfern britischer Bauart sei aufgrund unberechenbarer Packeisverhältnisse und der Abhängigkeit von durch Wechselwinde stetig sich verändernden Witterungsverhältnissen zwingend erforderlich.
  • Das Operationsgebiet sei wesentlich größer als die Nordsee und allein im Hinblick auf die Entfernungen zwischen Nowaja Semlja und dem sibirischen Festland habe ein Kreuzer die besten Möglichkeiten, sich abzusetzen. Man müsse nicht mit Feindeinwirkungen rechnen, allerdings solle man auf eine Verlegung des Rückweges durch britisch-amerikanische Einheiten vorbereitet sein. Es sei daher von größter Bedeutung, dass die Kreuzer unbemerkt von feindlicher Aufklärung ausliefen und das Überraschungsmoment ihres plötzlichen, zeitlich begrenzten Auftretens ausnutzten.

Diese Lagebeurteilung des Gruppenkommandos Nord entsprach in jeder Hinsicht den Vorstellungen der Seekriegsleitung. Als teilnehmende Einheiten wurden ADMIRAL SCHEER und LÜTZOW bestimmt.

Daraus resultierend wurde nur ADMIRAL SCHEER mit der Durchführung einer Operation in diesem Seegebiet betraut. LÜTZOW war zu diesem Zeitpunkt nicht einsatzbereit. Da man die Packeisverhältnisse im August als besonders günstig einschätzte, startete am 16. August das Unternehmen Wunderland.

Der Kommandant, Kapitän zur See Wilhelm Meendsen-Bohlken, erhielt den Operationsbefehl, der neben den üblichen Dienstanweisungen folgende für die Unternehmung verbindlichen Vorgaben enthielt:

  • Die Operation des Kreuzers führt in absolutes Neuland; deshalb lautet ihr Name bezeichnenderweise Wunderland.
  • Ziel des Unternehmens ist der Angriff auf die Schifffahrt in der Karasee, wobei die von Osten kommenden Geleitzüge absoluten Vorrang haben. Dabei bleibt die Beschießung von wichtigen Landzielen - insbesondere der Hafenstadt Amderma - dem Kommandanten freigestellt.
  • Zur Verstärkung des ADMIRAL SCHEER werden statt der Fischdampfer drei U-Boote eingesetzt. Dabei soll ein U-Boot die Drift des Packeises an der Geleitzugpassage nördlich Nowaja Semlja beobachten, das zweite U-Boot wird zur Feindaufklärung ins Seegebiet Bjelyj-Insel, Port Dikson und zu den Inseln der Westsibirischen See beordert und das dritte erhält einen Aufklärungsauftrag bei Spitzbergen.
  • Weitgehende Funkstille, das Verbergen in Nebelbänken oder außer Sicht bleiben haben oberste Priorität, um den Erfolg der Unternehmung, der im Wesentlichen vom Überraschungsmoment abhängt, zu garantieren. Die Operationsunterlagen sind nur vage und weisen z. T große Lücken auf. Die Seekriegsleitung verzichtet daher auf starre Weisungen unter dem Vorbehalt, dass nur vertretbare Risiken für Schiff und Besatzung eingegangen werden.

 

 

© 2008 by Volker-Horst Weischenberg

 

 

 

 

 

Am 11. August 1942 klärten ein Blohm&Voss Flugboot und das U-Boot U 225 (Oberleutnant Wolfgang Leimkühler) gegen Spitzbergen auf. Zusätzlich wurde das U-Boot U 435 (Korvettenkapitän Siegfried Strelow) damit beauftragt, einen Wetterbeobachtungstrupp abzusetzen. Eisaufklärung erfolgte durch die U-Boote U 601 (Kapitänleutnant Peter Grau), U 251 (Korvettenkapitän Heinrich Timm) und U 255 (Kapitänleutnant Reinhart Reche).

Am 16. August um die Mittagszeit lief ADMIRAL SCHEER in Begleitung der Zerstörer RICHARD BEITZEN (Z 4), ERICH STEINBRINCK (Z 15) und FRIEDRICH ECKHOLDT (Z 16) aus dem Hafen von Narvik in die Barentssee aus. Der Verband stieß über das Nordkap in Richtung Bäreninsel und Franz-Josef-Land vor. Die drei Zerstörer wurden am 17. August südlich der Bäreninsel entlassen.

 

 

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SCHEER auf dem Marsch in die Karasee

 

 

ADMIRAL SCHEER blieb zunächst auf Nordkurs, um dann Richtung Osten weiterzulaufen. Einem Einzelfahrer wich ADMIRAL SCHEER gemäß Weisung aus, ohne gesichtet zu werden. Bereits am 18. August trafen der Kreuzer und eines der drei U-Boote - U 601 - nördlich Nowaja Semlja zusammen. U 601 meldete die Packeisgrenze 80 Seemeilen nördlich des Treffpunktes.

ADMIRAL SCHEER unternahm einen Vorstoß in Richtung Einsamkeitsinsel und Wilkizkistraße, die durch die Sewernaja-Semlja-Inselgruppe (Nordlandinseln) im Norden und durch das nordsibirische Festland mit Kap Tscheljuskin als nördlichstem Punkt im Süden begrenzt wird. Dabei traf sie nicht auf die erhofften Frachtschiffe, sondern auf schwer passierbare Treibeisfelder und vereinzelte Eisberge, die nicht nur das ganze nautische Geschick der Schiffsführung herausforderten, um ein Festfahren des Kreuzers zu verhindern, sondern auch eine ständige Gefahr für die Schiffsschrauben und das Ruder darstellten. Dennoch fuhr sich ADMIRAL SCHEER wegen sich ständig ändernder Wetterlagen (Nebel und Regenböen im Wechsel mit klarer Sicht) mehrmals fest und konnte es nur ihrer hohen Motorleistung verdanken, dass sie aus dem Packeis freikam. Als ein Aufklärungsflug des Bordflugzeuges keine eisfreien Gewässer in Aussicht stellte, änderte der ADMIRAL SCHEER seinen Kurs in Richtung Westen und lief schließlich nach Süden entlang der Packeisgrenze in die Westsibirische See.

 

 

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SOPHIE CAESAR vor Kap Molotow: SCHEER in seiner ganzen Schönheit!

 

 

ADMIRAL SCHEER unternahm einen Vorstoß in Richtung Einsamkeitsinsel und Wilkizkistraße, die durch die Sewernaja-Semlja-Inselgruppe (Nordlandinseln) im Norden und durch das nordsibirische Festland mit Kap Tscheljuskin als nördlichstem Punkt im Süden begrenzt wird. Dabei traf sie nicht auf die erhofften Frachtschiffe, sondern auf schwer passierbare Treibeisfelder und vereinzelte Eisberge, die nicht nur das ganze nautische Geschick der Schiffsführung herausforderten, um ein Festfahren des Kreuzers zu verhindern, sondern auch eine ständige Gefahr für die Schiffsschrauben und das Ruder darstellten. Dennoch fuhr sich ADMIRAL SCHEER wegen sich ständig ändernder Wetterlagen (Nebel und Regenböen im Wechsel mit klarer Sicht) mehrmals fest und konnte es nur ihrer hohen Motorleistung verdanken, dass sie aus dem Packeis freikam. Als ein Aufklärungsflug des Bordflugzeuges keine eisfreien Gewässer in Aussicht stellte, änderte der ADMIRAL SCHEER seinen Kurs in Richtung Westen und lief schließlich nach Süden entlang der Packeisgrenze in die Westsibirische See.

 

 

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Treffen mit U 251

 

 

 

U 251 ergänzt Brennstoffvorräte von SCHEER

 

 

Dort kam es am 20. August um 4 Uhr 30 zur Zusammenkunft mit U 251. Dabei wurden neben dem Austausch von Aufklärungs- und Wetterdaten die Brennstoffvorräte von U 251 durch den Kreuzer ergänzt. Nachdem sich beide Schiffe getrennt hatten, erfolgte der Einsatz von U 251 auf den aus Osten kommenden sowjetischen Geleitzug QP 14. ADMIRAL SCHEER dagegen wandte sich den südöstlich der Einsamkeitsinsel gelegenen Izvestiy-Insel zu, wo sie eisfreie Gewässer antraf.

Dadurch ermutigt, beschloss der Kommandant, mit SCHEER auf die Wilkizkistraße vorzustoßen. Hier hoffte er auf Geleitzüge zu treffen, da dieser Schifffahrtsweg die wichtigste Nordpassage zwischen dem Pazifik und den sowjetischen Häfen Amderma, Archangelsk und Murmansk darstellte. Für ADMIRAL SCHEER bedeutete dieser Vorstoß ein enormes Risiko,  zumal in der Wilkizkistraße mit problematischen Eisstauungen und zahlreichen, nur ungenau vermessenen Untiefen zu rechnen war. So konnte auf ADMIRAL SCHEER beobachtet werden, dass die in sowjetischen Seekarten angegebenen Wassertiefen oftmals wesentlich geringer waren und einige Klippen überhaupt nicht verzeichnet waren – ein Indiz, dass die Sowjets absichtlich ungenaue Angaben machten, damit Schiffe anderer Nationen diesen Schifffahrtsweg nur mit sowjetischer Hilfe befahren konnten.

 

 

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SCHEER in Erwartung des Bordflugzeuges

 

 

 

Aufklärungsflugzeug wird an Bord genommen...

 

 

Das Bordflugzeug (Arado AR 196) des ADMIRAL SCHEER meldete bereits am 21. August einen aus neun Schiffen bestehenden Konvoi in 60 Seemeilen (entspricht ca. 111 Kilometern) Entfernung mit Südwestkurs laufend. Aufgrund der Nähe zum magnetischen Nordpol ging die Schiffsführung allerdings davon aus, dass der Magnetkompass des Flugzeuges nur ungenau arbeitete, weshalb eine erneute Flugaufklärung erfolgen sollte. Schnell aufziehender Nebel machte diese Absicht aber zunichte. Der Standort des Geleitzuges wurde Berechnungen zufolge nordöstlich der Insel Kravkov (größte der Monainseln) vermutet. So bezog ADMIRAL SCHEER Position an der Jermakbank bei der Insel Kravkov. Messungen mit den Funkmessortungsgeräten (1942: Ein Ortungsgerät FUMO 26 an der Vorderseite und ein Funkmessbeobachtungsgerät an der Hinterseite der Vormars-E-Messdrehhaube und eine FUMO 26 auf der achteren 10,50 m-E-Messdrehhaube) blieben erfolglos, womit sich der angenommene Kurs des Geleitzuges als falsch herausstellte.

Tatsächlich meldete kurz darauf der B-Dienst (Beobachtungsdienst der Marine für die Entschlüsselung kodierter feindlicher Nachrichten) einen Geleitzug mit einer Geschwindigkeit von fünf Knoten (entspricht ca. 9 Stundenkilometern) Kurs Nordost ein Viertel Ost laufend. Diese Meldung beruhte auf der Entschlüsselung eines per FT (Funktelegraphie) abgesetzten Befehls des sowjetischen Geleitzugführers, wonach der Konvoi durch die Nordenskjöld Passage (gebildet durch das Nordenskjöld-Archipel im Westen und das nordsibirische Festland im Osten) steuerte. ADMIRAL SCHEER wandte sich also diesem Erfolg versprechenden Schifffahrtsweg zu.

 

 

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Die Arado 196 A-3 auf dem Katapult (man beachte die Sowjet-Sterne auf den Tragflächen)...

 

 

 

Zur Aufklärung bereit...

 

 

 

Start zur Aufklärung!

 

 

Aufziehender Nebel verhinderte eine Aufklärung dieses Gebietes durch das Bordflugzeug. Die Verbesserung der Sichtverhältnisse ermöglicht schließlich einen Start der bordeigenen Arado 196. Doch obwohl das Bordflugzeug bis zur Shokalskistraße und zur Russkijinsel (nördlichste Insel des Nordenskjöld-Archipels) aufklärte und das westliche Seegebiet bis zur Einsamkeitsinsel abflog, konnte der Geleitzug nicht ausfindig gemacht werden. Lediglich ein einzeln fahrender Frachter kam südlich der Wilkizkistraße in der Nähe der Fivilejainsel in Sicht.

Am 23. August erreichte ein Funkspruch des „Admirals Nordmeer“ der ADMIRAL SCHEER. Ein Geleitzug, begleitet von vier Eisbrechern, befände sich aus Osten kommend mit höchster Wahrscheinlichkeit in der Wilkizkistraße. Das daraufhin gestartete Aufklärungsflugzeug sichtete tatsächlich südwestlich der Scott-Hansen-Insel zehn vor der Insel ankernde Frachter. Der bereits beim vorangehenden Flug gesichtete Einzelfahrer befand sich merkwürdigerweise noch immer auf der gleichen Position.

ADMIRAL SCHEER suchte sich jetzt eine günstige Ausgangsposition für einen Überraschungsangriff auf den Geleitzug. Dies gestaltete sich aufgrund des Packeises als nicht so einfach, zumal eine verstärkte Nebelbildung die Sicht zunehmend verschlechterte. Der am 24. August erfolgte Flug der Arado 196 blieb ergebnislos, da Bodennebel die Sicht versperrte. Als nachmittags der Wind drehte, kam der Schwere Kreuzer in eine kritische Situation, weil Packeis das Schiff umschloss. Erst als sich die Sichtverhältnisse gebessert hatten, gelang es ADMIRAL SCHEER, sich aus der Umklammerung zu befreien und in Treibeisfelder vorzustoßen.

Obwohl Packeis und Treibeis die Fahrt des Kreuzers immer wieder behinderten, beschloss Meendsen-Bohlken am 25. August erneut in die Wilkizkistraße zu laufen, um den Geleitzug anzugreifen. Zuvor startete das Bordflugzeug in Richtung der Scott-Hansen-Insel zur Klärung der Eislage und zur Besteckkontrolle (Positionsbestimmung mit dem Sextanten), scheiterte aber an den sehr schlechten Sichtverhältnissen. Als das Flugzeug wasserte, prallte es gegen einen Eisblock und versank. Die Flieger konnten in letzter Minute aus dem eisigen Wasser gerettet werden. Damit war ADMIRAL SCHEER seines wichtigsten Instrumentes zur Aufklärung beraubt. Der Kommandant beschloss daraufhin, auf einen Angriff zu verzichten und verlagerte die Operation des ADMIRAL SCHEER Richtung Südwesten auf das Seegebiet zwischen den Monainseln und der Jermakbank.

 

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Als Tarnung/Kriegslist wurde am Flak-/Scheinwerferstand die kyrillische Aufforderung "Nicht funken" angebracht. Zusatzlich führte SC auch die amerikanische Flagge im Top...

 

 

Gegen Mittag des 25. August erfasste der Ausguck starke Rauchwolken über der Kimm. Als sich das Schiff als recht klein herausstellte, lief ihm der Kreuzer entgegen und forderte ihn per Signalscheinwerfer in russischer Sprache auf, sich zu identifizieren. Anstatt zu antworten, setzte das fremde Schiff einen Notruf an Port Dikson ab, in dem es einen feindlichen Hilfskreuzer meldete und sich selbst als Eisbrecher ALEKSANDER SIBIRIJAKOW identifizierte. Da dieser Funkspruch auf ADMIRAL SCHEER abgehört wurde, eröffnete der Kreuzer auf zwölf Kilometer Entfernung mit seinen 28cm-Geschützen sofort das Feuer, das die ALEKSANDER SIBIRIJAKOW mit ihren 7,6cm-Kanonen erwiderte. Gleichzeitig versuchte der Eisbrecher, die nur etwa zehn Seemeilen (entspricht ca. 9,5 Kilometern) entfernte Beluchainsel mit Volldampf zu erreichen. ADMIRAL SCHEER feuerte sechs Vollsalven. Bei vier beobachteten Treffern brannte der Eisbrecher und begann, zu sinken. Obwohl Meendsen-Bohlken alles nur Mögliche unternahm, um die Besatzung zu retten, überlebten nur 28 der 131 Personen den Untergang. Am Abend konnte ein feindliches Aufklärungsflugzeug gesichtet werden, das offensichtlich nach dem versenkten Eisbrecher suchte. Darüber hinaus erging ein abgehörter sowjetischer Funkspruch an die Schifffahrt in der Karasee, worin man vor einem feindlichen Hilfskreuzer warnte.

 

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Angriff!

 

 

Für die nächsten Operationen des ADMIRAL SCHEER wurde das Seegebiet zwischen Kap Shelanja im Norden der Insel Nowaja Semlja und Port Dikson bestimmt. An der Grenze von der Karasee zum Westsibirischen Meer traf der Schwere Kreuzer jedoch unpassierbares Packeis an, weshalb sich die Schiffsführung dazu entschloss, den für die Nordpassage wichtigen Versorgungs- und Organisationsstützpunkt Port Dikson, statt des ursprünglichen Angriffszieles Amderma, anzugreifen. Im Zuge dieser Unternehmung sollte ein Handstreich gegen die Signal- und Funkstation erfolgen, deren Besatzung man laut vorhandener Unterlagen auf etwa 60 Mann Miliz und 180 Mann Küstenschutz schätzte. Das Vorhandensein von Küstenbatterien konnte nur vermutet werden.

Bei dunstiger, feucht-kalter Witterung steuerte ADMIRAL SCHEER am 26. August gegen 23 Uhr 30 im Zwielicht der Mitternachtssonne Port Dikson an. Da genaue Seekarten und Unterlagen fehlten, konnte man nur auf alte englische Seekarten zurückgreifen. Deshalb stellte sich das Echolot – neben den Funkmessortungsgeräten – als wichtigstes Hilfsmittel des Kreuzers zur Überprüfung der Fahrwassertiefe in den unbekannten Schärengewässern heraus.

Um 24 Uhr brach ADMIRAL SCHEER durch eine schwierig zu navigierende Fahrrinne in die Innenreede des Port-Dikson-Hafens ein – eine nautische Meisterleistung. An den Kaimauern dieser modernen Hafenanlage, die noch im Ausbau befindlich war, konnten mehrere Frachter gleichzeitig entladen und beladen werden – nicht ohne Grund galt Port Dikson als Hauptumschlagplatz und Organisationszentrale der sowjetischen Nordpassagenschifffahrt. Darüber hinaus sollten hier neben der Signal- und Funkstation noch geologische, hydrologische, magnetologische und biologische Versuchsstationen existieren.

 

 

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SOPHIE CAESAR greift an...

 

 

Am 27. August gegen 0 Uhr 25 eröffnete ADMIRAL SCHEER das Feuer auf die im Hafen liegenden Schiffe. Der Tanker VALERIA KUIBISCHEW mit 4629 BRT (Bruttoregistertonnen) und der Eisbrecher TAYMIR mit 1290 BRT sowie eine Küstenbatterie schossen zurück, ohne einen Treffer zu landen. Schließlich explodierte der Tanker, das Schicksal des Eisbrechers blieb dagegen ungewiss, da Nebel aufkam und ADMIRAL SCHEER gezwungen war, den Rückzug anzutreten. Die Wetterlage und fehlende Informationen veranlassten die Schiffsführung auch dazu, das vorgesehene Landungsunternehmen nicht durchzuführen. So verließ der Schwere Kreuzer, nur auf das Echolot und die Funkmessortung gestützt, die Innenreede von Port Dikson mit westlichem Kurs.

 

 

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Mittelartillerie beschießt Landziele...

 

 

 

Die schwere Flak greift ein!

 

 

Beim Ablaufen beschoss ADMIRAL SCHEER mit ihren schweren Geschützen, der Mittelartillerie und der Flak die im Nordteil der Diksoninsel befindliche Großfunkstation, einige Signalstationen und Leuchtfeuer. In Höhe der Ssewero-Wostotschnyje-Insel änderte der Kreuzer seinen Kurs in Richtung Norden und gegen 2 Uhr in Richtung Westen, um dann mit nordwestlichem Kurs in die Karasee zu entkommen.

 

 

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Kursänderung Richtung Westen!

 

 

Nördlich Nowaja Semlja sollte ein Treffen mit U 255 stattfinden, um dringend benötigte Informationen über die Eisverhältnisse zu erhalten und über das U-Boot einen Funkspruch an die Seekriegsleitung über den bisherigen Verlauf und die weiteren Planungen des Unternehmens von einer westlicheren Position aus abzusetzen. Aufgrund schlechter Sichtverhältnisse kam es aber nicht zur Zusammenkunft im Nördlichen Eismeer.

Meendsen-Bohlken hegte den Wunsch, weitere Operationen durchzuführen, bei dem der taktische Einsatz des Kreuzers und der drei U-Boote U251, U255 und U 601 von ADMIRAL SCHEER aus koordiniert werden sollte. Da die Aufklärung in diesen unbekannten Gewässern nur unzureichend erfolgen konnte, benötigte der Schwere Kreuzer dringend ein neues Bordflugzeug nebst Brennstoff. Sollte dies nicht möglich sein, dachte man auf SCHEER zumindest an die Zuteilung eines Flugbootes. ADMIRAL SCHEER konnte, bedingt durch eine Meldung des „Admirals Nordmeer“ über die Anwesenheit feindlicher Seestreitkräfte, keinen Funkspruch an die Seekriegsleitung absetzen. Es war also wichtig, dies mittels eines U-Bootes zu tun, um die Position des Kreuzers nicht zu verraten.

Am Morgen des 28. August erhielt SCHEER per Funk den Befehl, nach einem erneuten Vorstoß in die Karasee, in den Mittagsstunden des 29. August zurückzukehren. Dieser Befehl widersprach jedoch einem Befehl vom 24. August. Zur Klärung der Situation entschloss sich der Kommandant zu einer Kurzmeldung, in der er seinen derzeitigen Standort angab und darum bat, den Kreuzerkrieg im Seegebiet um Spitzbergen fortzusetzen. Als Antwort wurde ihm unter der Voraussetzung, dass ADMIRAL SCHEER noch nicht entdeckt worden sei, befohlen, in die Karasee vorzustoßen und die Beschießung Amdermas durchzuführen. Da die Situation für den Kommandanten Meendsen-Bohlken noch immer nicht geklärt schien, informierte er den „Admiral Nordmeer“ über die Beschießung Port Diksons und bat um ein neues Bordflugzeug mit Brennstoff und um die Fortsetzung des Unternehmens. Durch diese Meldung erkannte die Seekriegsleitung, dass die Anwesenheit des ADMIRAL SCHEER dem Feind bekannt sei. Damit entfiel die Voraussetzung für einen weiteren Einsatz. Folglich erhielt der Kreuzer den Befehl zum Rückmarsch.

Am Nachmittag des 28. August wurde der Kommandant des ADMIRAL SCHEER, Kapitän zur See Wilhelm Meendsen-Bohlken, den seine Mannschaft auch liebevoll den „Messingbolzen“ nannte, da er die Messingteile des Schiffes immer blank geputzt haben wollte, freudig überrascht: Die beiden Schraubenwellen des ADMIRAL SCHEER hatten an diesem Tage ihre einhundertmillionste Umdrehung absolviert. Anlässlich dieser enormen technischen Leistung von Material und Personal überreichte die Besatzung des Maschinenraumes voller Stolz seinem Kommandanten eine Urkunde.

 

 

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Zerstörergeleit!

 

 

ADMIRAL SCHEER traf in Höhe der Bäreninsel mit den Zerstörern RICHARD BEITZEN (Z 4), ERICH STEINBRINCK (Z 15) und FRIEDRICH ECKHOLDT (Z 16) zusammen und lief am 30. August befehlsgemäß in die Bogenbucht bei Narvik ein.

ADMIRAL SCHEER sollte zunächst in Norwegen verbleiben. Wieder folgte eine wochenlange Liegezeit im Netzkasten. Nur mehrfache Liegeplatzwechsel im September und Oktober brachten willkommene Abwechslung in diese durch Untätigkeit geprägte Zeit.

Am 6. November 1942 erfolgte der befohlene Rückmarsch des vor Trondheim liegenden ADMIRAL SCHEER in die Heimat. Zur Sicherung wurde der Kreuzer von den Zerstörern Z 23, Z 28 und Z 29 begleitet. Der Verband erreichte wohlbehalten am 10. November Swinemünde und am 11. November Kiel.

Noch im Dezember 1942 verlegte ADMIRAL SCHEER nach Wilhelmshaven, damit in der Kriegsmarinewerft längst überfällige Überholungsarbeiten an den durch die vielen Einsätze beanspruchten Maschinen und Waffen vorgenommen werden konnten.


 

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Zurück in Norwegen...

 

 

 

Gebannte Zuhörer...

 

 

 

Admiral Kummetz hält eine Ansprache...

 

 

 

 

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Aktuelles

Am 09. April wird sich der Tag der Vernichtung des ADMIRAL SCHEER zum 78. Mal jähren!

Hierzu ist eine ausführliche Bild-Dokumentation unter dem Titel "Das Ende in Kiel" im Kapitel über die Geschichte des ADMIRAL SCHEER zu finden...  

 

 

 

TIPPS

Modellbauer finden Anregungen und Details im Kapitel "ADMIRAL SCHEER im Modell" und in Kürze unter dem Kapitel "Schiffbauliche Veränderungen".

 

Geschichtlich Interessierte finden auf den Seiten über den Namensgeber, die Kommandanten und über das Original Informationen und historisch zugeordnetes Bildmaterial.

 

Freunde der "Grauen Flotte" hingegen werden sicherlich das recht umfangreiche Bildmaterial "genießen".